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Persönliche
Befreiung und politische Aktion
Gestalttherapie
und Anarchismus
Die
fünf Freiheiten
Sehen
und Hören -
was
da ist, anstatt was da sein sollte oder da sein wird.
Sagen
-
was
du fühlst und denkst anstatt zu sagen, was du sagen sollst.
Fühlen
-
was
du fühlst anstatt zu fühlen, was du fühlen sollst.
Sagen
und fordern -
das
was du willst, anstatt immer auf Erlaubnis zu warten.
Etwas
riskieren -
in
eigener Verantwortung, anstatt immer nur auf Sicherheit
bedacht zu sein und das Boot nicht zum Schaukeln zu bringen.
"Wir
müssen uns von unseren Neurosen und inneren Zwängen befreien,
um eine freie und sozial gerechte Gesellschaft aufbauen zu können."
"Wir
müssen durch politische Aktionen gesellschaftliche Zwangsstrukturen
beseitigen, damit Menschen in Freiheit leben können."
Zwei
Thesen - zwei Welten: die Welt der "Psychos" und die Welt der
"Politik". Wieweit sind sie von einander entfernt und wo liegen
ihre Wahrheiten? Gibt es eine gemeinsame Schnittmenge und worin
könnte sie bestehen?
Was
ist Gestalttherapie?
Ausgangspunkte:
Die Gestalttherapie ist ein Verfahren der humanistischen Psychologie
und versteht sich als ein Bestandteil der humanistischen Bewegung.
Die Grundlagen der Gestalttherapie wurden in den 4Oer Jahren in
den USA von dem Psychoanalytikerehepaar Fritz und Lore Perls und
von Paul Goodman geschaffen und seitdem von vielen Menschen in
verschiedene Richtungen weiterentwickelt. Obwohl die Gestalttherapie
heute meist mit dem Namen Fritz Perls in Verbindung gebracht wird,
sollte der Einfluß von Lore Perls und Paul Goodman, der Schriftsteller,
Psychologe, Alternativpädagoge und Philosoph war, auf die Entwicklung
der Gestalttherapie nicht unterschätzt werden. Gerade die anarchistische
und gesellschaftskritische Seite der Gestalttherapie ist auf ihn
und Lore Perls zurückzuführen. Sie sahen die Gestalttherapie -
"die rebellische Kraft" - als einen Ansatz zur Förderung des gesellschaftlichen
Engagements. Aber auch Fritz Perls hatte zeitlebens gesellschaftskritische
und nonkonformistische Positionen vertreten; die Realisierung
des Gestalt-Kibbuz am Lake Cowichan ist sicher auch auf die Faszination
von den Ideen Gustav Landauers zurückzuführen, dessen" Aufruf
zum Sozialismus" aus dem Jahr 1909 eine Mittelposition zwischen
Individualismus und Kollektivismus einnimmt (1). Die Wurzeln des
Gestaltansatzes sind sehr unterschiedlich und vielfältig. Die
Psychoanalyse ist sicher eine der wichtigsten Quellen, aber viele
Gestaltkonzepte sind auch als Antithese zur Psychoanalyse und
über Anregungen durch Wilhelm Reichs "Charakteranalytische Arbeit"
entwickelt worden. Die Ideen der Alternativbewegung, repräsentiert
durch Paul Goodman, betonen die Relevanz des gesellschaftlichen
Kontexts und führen 1969 zur Gründung eines Gestalt-Kibbuz. Die
Bedeutung des "Hier und Jetzt" und der zentralen Rolle der Bewußtheit
(awareness) wurde für Perls durch die Begegnung mit dem Zen-Buddhismus
noch intensiviert. Bei der Entwicklung der theoretischen Hintergrundkonzepte
haben verschiedene philosophische Grundrichtungen Pate gestanden:
für Perls sind da vor allem Existentialismus und Phänomenologie
(Buber, Husserl, Marcel, Friedländer, Tillich) zu nennen, für
Goodman waren u.a. die Aufklärung (Kant), der Anarchismus (vor
allem Kropotkin) und der Pragmatismus (J. Dewey's "learning by
doing") relevant. Die Gestaltpsychologie (Wertheimer, Köhler,
Lewin) die sich hauptsächlich mit Experimenten zur Wahrnehmung
beschäftigt, hat eine Reihe wichtiger Erkenntnisse und Gestalt-Gesetze
geliefert, wie z.B. das Prinzip der Ganzheitlichkeit, das Figur-Hintergrund-Prinzip
und die Tendenz zur Bildung guter Gestalten(2).
Zum
Menschenbild in der Gestalttherapie
Der
Mensch wird gesehen als ein personales System, ein ganzheitliches
Leib-Seele-Geist-Wesen. Er ist sowohl eigenverantwortlich handelndes
Subjekt als auch durch den sozioökologischen Kontext determiniert.
Der Mensch ist durch Integrationsfähigkeit, Kohärenz und Kreativität
gekennzeichnet und durch das Streben nach Selbstregulation und
Selbstverwirklichung motiviert. Auf diese Fähigkeit gründet sich
seine Freiheit zur Wahl und zu verantwortlichem Handeln. Jede
Person hat das Recht auf eigene Ansichten und eigene Handlungen
und kann die daraus resultierende Verantwortung übernehmen. Auch
wer entscheidet, sich zu isolieren oder eine nicht zufriedenstellende
Situation nicht zu verändern, trifft eine Wahl, mit der er oder
sie den eigenen Wert und die eigene Würde festigt. (Von therapiekritischer
Seite wird diese Weite der Entscheidungsfreiheit vielleicht zum
Anlaß genommen, Psychotherapie als - zumindest potentiell - systemimmanente
Kraft zu sehen.) Der Mensch ist auf seine Mitmenschen bezogen
und in die Gesellschaft eingebettet. Wachstum ist damit nicht
allein private Angelegenheit, sondern auch ein kollektives Geschehen.
Die Übernahme persönlicher und gesellschaftlicher Verantwortung
steht im Kontext der dialogischen Situation.
Die
Ziele der Gestaltarbeit
"Gestalttherapie
ist eine der rebellischen, humanistischen und existentialistischen
Kräfte in der Psychologie, die versuchen, die Lawine von Selbstbetrug
und Selbstzerstörung in einigen Mitgliedern dieser Gesellschaft
aufzuhalten. Unser Ziel als Psychotherapeuten ist es, die
Möglichkeiten des Menschen durch den Prozeß der Integration
zu erweitern. Wir tun dies, indem wir die ursprünglichen Interessen,
Wünsche und Bedürfnisse des Individuums unterstützen." (F.
Perls)
Lore & Fritz Perls und Paul Goodman sahen ihre Bemühungen um die
Entwicklung einer befreienden Psychotherapie als Auswirkung ihrer
Gesellschafts- und Herrschaftskritik. Ihr Ziel war der Aufbau
einer sozial gerechten Gesellschaft freier Menschen. Aktuell werden
die Globalziele der Gestaltarbeit von Petzold (dem Gründer des
Fritz Perls-Instituts, dem in Deutschland wohl renommiertesten
Ausbildungsinstitut für GestalttherapeutInnen) folgendermaßen
formuliert:
-
Humanisierung der allgemeinen Lebensbedingungen,
-
Gewährleistung der Integrität von Individuen, Gruppen und Lebensräumen,
- Gewährleistung
von Selbstregulation und Selbstverwirklichung im Lebenskontext
und die
-
Gewährleistung bzw. Entwicklung von Fähigkeiten zur intersubjektiven
Begegnung.
Im konkreten Handeln gilt die Maxime "Der Weg ist
das Ziel". Es geht um Wachstum, Entwicklung eigener Potentiale,
Befreiung von zwanghaften Verhaltensmustern zugunsten von mehr
Wahlfreiheit und - um noch einmal mit Paul Goodman zu sprechen
- zur Befähigung zu sozialem Engagement. Klientln und Therapeutln
machen sich gemeinsam auf eine Reise: die Richtung ist bekannt,
aber nicht das Ziel. Emanzipation bezeichnet ebensowenig wie Selbstverwirklichung
und Aufhebung von Entfremdung einen Zustand, sondern einen nie
endenden Prozeß. Natürlich hat die Gestalt auch eigene Vorstellungen,
was auf diesem Weg hilfreich und was eher abträglich ist. Bedeutsam
sind zum Beispiel die Erweiterung der Wahrnehmungsfähigkeit, die
Förderung der eigenen Verantwortlichkeit und Entscheidungsfähigkeit.
Dabei gibt es kein vorgefertigtes Lernziel und kein einengendes
Programm, sondern gearbeitet wird an dem, was "im Vordergrund"
steht, d.h. was im Augenblick aktuell ist. Respekt und eine stets
wohlwollende, manchmal unterstützende, manchmal eher konfrontierende
Haltung der professionellen "WegbegleiterInnen" bereiten eine
Atmosphäre, in der es leichter fällt, Altbekanntes loszulassen
und Neues zu wagen. Um Veränderungsprozesse in Gang zu setzen,
bedient sich die Gestalt verschiedener Methoden und Techniken:
Wahrnehmungs- und Imaginationsübungen, Traumarbeit, Rollenspiele,
Körperarbeit, Experimente, Arbeit mit kreativen Medien und Hausaufgaben.
Die Beziehung und der Kontakt zwischen Therapeutln und Klientln
haben in diesen Prozessen einen sehr wesentlichen Stellenwert.
Selbstregulation
Gestalttherapie
oder -beratung hat wenig damit zu tun, gute Ratschläge zu erteilen.
Das könnte schnell wieder zu einer hierarchischen Beziehung führen
oder die "Unmündigkeit" fortsetzen. Der Gestaltansatz baut eher
auf den angenommenen Selbstregulierungsmechanismus des Menschen.
Vergleichbares finde ich in grundlegenden Texten zur Graswurzelrevolution:
so steht in den Thesen zu Staatlichkeit und Anarchie, daß "die
Menschen geborene AnarchistInnen (sind), denen Unterordnung und
Ungerechtigkeit zuwider sind"(3).
In
der Gestalt-Gruppenarbeit dient die Gruppe als Schutzraum und
als kritisches Korrektiv: der/die Einzelne erhält einerseits nicht-wertende
Rückmeldungen (Feedback), anhand derer die eigene Wahrnehmung
überprüft und entwickelt werden kann; außerdem wird in den "Sharing-Runden",
in denen alle TeilnehmerInnen die Möglichkeit haben mitzuteilen,
wie das dargestellte Problem oder Erleben auch sie persönlich
betrifft, die soziale Dimension von Problemen deutlich. So kann
der Gefahr der Individualisierung von gesellschaftlichen Problemen,
wie z.B. die Festlegung auf Geschlechtsrollen, entgegengewirkt
werden.
Wahrnehmung
und Bewußtheit
Ein
zentrales Anliegen der Gestaltarbeit ist die Entwicklung von Wahrnehmung
und Bewußtheit. Da wir keine seelenlosen Meßinstrumente, sondern
handelnde Menschen sind, ist Wahrnehmen für uns kein bloß rezeptives
Speichern, sondern ein aktiver, selektierender Vorgang. Schon
Kant, dessen philosophisches Werk einen großen Einfluß auf Goodman
hatte, formulierte in seiner Kritik des naturalistischen Weltbildes,
dessen Ursache-Wirkung-Determinismus die Freiheit des Menschen
leugnet, daß die Ergebnisse der Wahrnehmungsleistung immer subjektiv
von der wahrnehmenden Person geprägt sind (4). Wir geben dem,
was wir wahrnehmen, eine Bedeutung, indem wir es an unseren Erfahrungswerten
messen und in unser jeweiliges Bezugssystem einordnen. Wir Menschen
reagieren also auf unsere Abbildung der Realität, nicht auf die
Realität selber.
"Die
Landkarte ist nicht das Gebiet"
Auch
für die politische Arbeit ist diese Tatsache insofern von Wichtigkeit,
als sich in diesem Licht vermeintlich 'objektive Tatsachen' zwangsläufig
relativieren. Faktoren wie kulturelle Prägung, Geschlechtszugehörigkeit
und Sozialisation wirken sich ebenso aus wie individuelle Biographie
und momentane Stimmungen. Dieser 'subjektiven Wahrnehmung' unterliegen
jedoch nicht nur Individuen, sondern unsere Erfahrungen mit Vorurteilen
und Feindbildern zeigen uns, daß massive Wahrnehmungsverzerrungen
auch kollektiv in Gruppen und erst recht in Nationen üblich sind.
Privat
und /oder politisch?
Der
durch die Sozialen Bewegungen der 70er und 8Oer Jahre geprägte
Slogan "Das Private ist politisch" ist sicherlich vielen ein Begriff.
Besonders für die Graswurzelbewegung, die sich nie als Ein-Punkt-Bewegung
verstanden hat, sondern ein umfassendes, ganzheitliches Konzept
der Gesellschaftsveränderung verfolgt, hat dieser Satz seine Gültigkeit
behalten. Auch in der Gestaltung unserer politischen Gruppenarbeit
haben das Persönliche und individuelle Hintergründe - zumindest
dem Anspruch nach - immer ihren Platz gefunden. Doch wie sieht
es andererseits mit der Anerkennung und Berücksichtigung der politischen
Dimension in der "Therapie-Szene" aus? Hierzu zwei kurze Zitate
von der Gestalttherapeutin und -pädagogin Annedore Prengel:
"Jede,
auch die therapeutische Art der Arbeit an einem menschlichen
'Wesenszug' ist ein politischer Vorgang, denn es handelt sich
immer um Arbeit an einem (wenn auch noch so winzigen) Element
des Ensembles der gesellschaftlichen Verhältnisse. Ein von der
Gesellschaft isoliertes, unpolitisches menschliches Wesen ist
damit ebensowenig vorstellbar wie unpolitische Lebensbereiche."
"Die
dialektische Wechselbewegung der Prägung durch den Niederschlag
des Ensembles der gesellschaftlichen Verhältnisse in einer konkreten
Lebensgeschichte einerseits und des aktiven, handelnden Einwirkens
auf die Umwelt andererseits bestimmen den Schauplatz der Gestalttherapie."
(5)
Astrid
Schreyögg untersuchte im Hinblick auf die Entwicklung eines integrativen
Supervisionskonzeptes Gestalttherapie und Psychodrama und schreibt:
"So geht es in der Gestalttherapie nicht nur darum, den Menschen
aus ungünstig determinierenden Sozialbedingungen zu befreien,
sondern auch aus institutionalisierten Systemen, wie Systemen
überhaupt." (6)
Paul
Goodman sah das Individuum mit all seinen Potentialen im Wesentlichen
als einen Teil der Gesellschaft, die ihn prägt, die er aber wiederum
als handelndes Subjekt beeinflußt. Als er erkannte, daß durch
die "sozialtechnisch hergestellte Zwangskonformität" eine rein
politische Auseinandersetzung nicht ausreicht, wandte er sich
der Psychologie zu. "Sie sollte ihm helfen, die Mechanismen zu
erklären, wie und warum die Menschen sich den herrschenden Verhältnissen
unterwerfen, und sollte Mittel anregen, die zur Befreiung führen."
(7)
Die
gesellschaftspolitische Dimension des Gestaltansatz liegt auf
drei verschiedenen Ebenen:
- Gestaltarbeit
ist ganzheitlich, d.h. sie versucht alle Ebenen des Menschseins
zu erfassen und zu berücksichtigen. Erich Fromm nannte dies
das Prinzip der Totalität. In Form der prozessualen Diagnostik
berücksichtigt der Gestaltansatz neben der Beobachtung des Körpers,
der Emotionalität, des kognitiven und des Wertebereichs auch
die sozialen Fähigkeiten und den gesamten Lebenskontext, der
sich von Beruf und gesellschaftlichen Rollen bis hin zu ökonomischer
Situation und politischen und geistesgeschichtlichen Strömungen
erstreckt. Diese Ebenen, die in der prozessualen Diagnostik
aus dem Hintergrund hervortreten und "Gestalt" annehmen, werden
dann auch in den therapeutischen Interventionen relevant.
- Gestaltarbeit,
die persönliche Veränderung zum Gegenstand hat, ist per se politisch:
Wenn sich ein Teil des Ganzen verändert, verändert sich zwangsläufig
die Dynamik innerhalb des Systems und damit auch das Ganze.
- Die
Globalziele der Gestaltarbeit zielen darauf ab, den Menschen
zur sozialen Aktion zu befähigen.
Wenn
wir demnach die politische Dimension von Therapie als gegeben
ansehen, wenn wir annehmen, daß Psychotherapie Auswirkungen auf
das gesellschaftliche Gesamtsystem hat, muß die Frage vielmehr
lauten: Ergänzt und unterstützt der individuelle therapeutische
Ansatz die Bemühungen um radikale Gesellschaftsveränderung in
Richtung auf eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft, oder
erhöht er nur die individuelle Anpassungsfähigkeit an die gegebenen
Rahmenbedingungen und die Leistungsfähigkeit innerhalb des gesellschaftlichen
Rahmens und wirkt damit systemstabilisierend? Die bestehende Kritik
an der Psychotherapie kann für mich entweder Orientierung und
Anlaß zur Korrektur bedeuten, oder aber auch Bestärkung, je nachdem
von wem sie geäußert wird.
Zur
Kritik an den Humanistischen Therapien
Die
Kritik - nicht nur an der Gestalttherapie, sondern an dem gesamten
Spektrum der Humanistischen Therapien - kommt im Wesentlichen
aus drei verschiedenen Richtungen: Zum einen ist da die Kritik
der bürgerlich-konservativen Kreise, denn sie fürchten eine entschiedene
Veränderung des Status Quo, die die Menschen weniger leicht regierbar
macht, die Privilegien der Eliten angreift und Ruhe und Ordnung
im Staat gefährdet. Anders ausgerichtet ist die Kritik aus politisch-dogmatischen
Richtungen, z.B. dem Marxismus: hier ist die Veränderung zwar
gewollt, aber die Richtung dafür geben hier die Partei oder andere
hierarchisch organisierte Gruppierungen vor. Dogmatische PolitikerInnen
haben natürlich kein Interesse an emanzipatorischen Prozessen,
die sie nicht kontrollieren können und die Eigenverantwortung
und Selbstbestimmung zum Ziel haben. Kritik aus diesen beiden
Richtungen sollten wir bewußt hören - und letztlich als Kompliment
werten. Kritisieren sie uns doch eben wegen der Dinge, die wir
bewußt anstreben: Infragestellung von Herrschaft, persönliche
Freiheit und Selbstbestimmung.
Daneben
kommt jedoch auch Kritik aus den eigenen Reihen, aus den Sozialen
Bewegungen, und deren Kritik sollten sich TherapeutInnen und Pädagoglnnen
stellen, sofern sie ihre Arbeit als Unterstützung von Emanzipationsprozessen
verstehen. Therapie und Pädagogik sind oft als Herrschaftsinstrumente
mißbraucht worden und werden es auch noch heute. Sie stellen potente
Instrumente zur Manipulation von Menschen dar, und die Herrschenden
bedienen sich ihrer natürlich lieber als der offenen, brutalen
Repression. Psychotherapie ist ein Instrument, das sowohl systemstabilisierend
als auch systemverändernd eingesetzt werden kann. Es ist daher
geboten, kritisch zu prüfen, wie Therapie, Beratung oder Pädagogik
verstanden werden und wem sie im konkreten Fall dienen: Zielen
sie auf Funktionalisierung, Leistungsorientierung und Anpassung
oder auf Emanzipation und Selbstverwirklichung?
Herrschaft
und Befreiung
Einem
Despoten ins Album
Hüte
dich vor den Schwankenden; eines Tages wissen sie, was
sie noch nicht wahrhaben wollen.
Nimm dich in acht vor den Stotterern, vor Juan dem Lispler,
vor Pedro dem Stummen; eines Tages entdecken sie ihre
starke Stimme.
Mißtraue
den Furchtsamen, denen man das Maul stopfte: eines Tages
stehen sie nicht auf, wenn du eintrittst.
(Heberto
Padilla)
Wenn
es darum geht, die Herrschaft des Menschen über den Menschen zu
beenden, müssen wir uns der Dynamiken bewußt werden, die der Herrschaft
zugrunde liegen. In den "Thesen über Staatlichkeit und Anarchie
heute" ist einer der wesentlichen Wirkmechanismen der Herrschaftssicherung
des Staates beschrieben, der übrigens ebenso gut in kleineren
Systemen wie Familien, Betrieben, Parteien u.a. angewandt wird
und funktioniert:
"Gerade
in den westlichen Industriestaaten organisiert sich Herrschaft
über den positiven Bezug der Beherrschten auf das System. Staatliche
Strategien sind dort im wesentlichen nicht auf repressive Unterdrückung
angelegt, sondern auf Integration: Identitätsbildung über Teilnahme
am Konsum, Aufspaltung von Interessenlagen und Vereinzelung
in der Gesellschaft, Normierung von Bedürfnissen und deren bürokratische
Verwaltung sowie das Versprechen auf demokratische Beteiligung
...". (8)
Identität und Selbstwert werden durch gesellschaftliche
Bedingungen geprägt und oft gezielt manipuliert. Das bedeutet
aber auch, daß wir sie selbst durch Reflexion, Bewußtwerdungsprozesse
und daraus folgenden Entscheidungen immer wieder verändern können.
Soziale Bewegungen können diese Emanzipationsprozesse unterstützen,
indem sie eine Gegenkultur aufbauen und Bezugssysteme mit neuen
Werten und Umgangsformen schaffen, die der Orientierung bei einer
Neu-Entscheidung der angesprochenen Menschen dienen. In unserem
Wirken gegen Zwang, Hierarchie und Herrschaft können wir zwei
verschiedene Ansatzpunkte und Bewegungsrichtungen unterscheiden:
zum einen gibt es den Prozeß der Befreiung, der am Individuum
ansetzt (was kollektives Handeln nicht ausschließt!) und in Richtung
Ausbruch aus Zwangssystemen und Entwicklung von mehr Wahlfreiheit
und Entscheidungskompetenz geht; zum anderen gibt es den gesellschaftlichen
Kampf gegen Herrschaftsstrukturen, die soziale und meist kollektive
Aktion, die auf eine Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen
zielt. Beide Ansätze ergänzen sich oft und haben in der Praxis
fließende Übergänge. Zur Verdeutlichung möchte ich sie dennoch
hier getrennt behandeln.
Persönliche
Befreiung
Ich
will hier im wesentlichen den Prozeß der inneren, d.h. psychischen
Befreiung ansprechen, da ich der oben angeführten Analyse zustimme,
daß Herrschaft sich in unserer Gesellschaft hauptsächlich auf
die Integration der Menschen in hierarchische Strukturen stützt
und massive Repression erst einsetzt, wenn es zu offener Verweigerung
oder direkten Aktionen kommt.
"Die
Identifikation mit der Macht ist für die machtlose Mittelklasse
ebenfalls typisch. Sie identifizieren sich nicht mit Brutalität,
Führerfiguren oder Reichtum, sondern mit dem effektiven System
an sich, das sie ohnmächtig macht. Auch hier können wir den
scharfen Gegensatz zwischen denen beobachten, die politisch
nicht resigniert haben und denen, die aufgegeben haben."
(Paul Goodman)
Der
stärkste Garant der Systemstabilität liegt in der Identifikation
mit den Zwangsstrukturen, im Glauben an ihre Notwendigkeit oder
ihren Erfolg, und in der Angst, über Alternativen überhaupt nachzudenken.
Befreiung von Integration als Herrschaftsinstrument heißt dann,
daß wir die durch Manipulation und Gewohnheit erzeugte Schere
im Kopf, d.h. Ansprüche, Normen, Werte und Formen, die nicht unsere
eigenen sind, identifizieren und selbst beiseite legen. Die Gestalttherapie
spricht in diesen Fällen von Introjektion, d.h. von der Installierung
nicht-assimilierter 'Fremdkörper' in unserer Persönlichkeit. Interessant
ist dabei, daß davon ausgegangen wird, daß wir für die Introjektion
mitverantwortlich sind, weil wir sie zugelassen haben. Es geht
bei dieser Sichtweise nicht um die Frage, wem eine 'Schuld' zuzuschreiben
ist. Die Entscheidung, Introjektionen zuzulassen, kann ja für
den damaligen Zeitpunkt durchaus richtig gewesen sein. Als kleines
Kind kann es z.B. eine vernünftige Entscheidung sein, Werte und
Normen ("Das tut man nicht!"), die von den übermächtigen Eltern
aufgezwungen werden, ohne Widerstand hinzunehmen und 'zu schlucken',
da das Kind von den Eltern abhängig ist. Als erwachsene Person
können wir jedoch eine bewußte Neu-Entscheidung treffen und uns
von dem Introjekt ("Das macht man so!", "Das muß so sein!", "Du
sollst nicht ...") befreien. Wenn wir die Verantwortung für die
Introjektion übernehmen, erhalten wir gleichzeitig damit auch
die Chance, uns wieder anders zu entscheiden, wenn die Werte und
Konzepte unserer Person nicht dienlich sind. Im Prozeß der inneren
Befreiung oder auch Emanzipation verändere ich mich: meine Wahrnehmung
der Umwelt und meiner selbst, mein Verhalten und damit auch die
Beziehung zu meinen Mitmenschen. Ich erweitere meine Wahlfreiheit
und Entscheidungskompetenz.
Politische
Aktion als Kampf gegen Herrschaft
Der
Kampf gegen Herrschaft in Form von direkten, gewaltfreien Aktionen
zielt auf die Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen.
Anders als bei der inneren Befreiung, bei der ich mich und meine
Persönlichkeit, und damit meine individuellen Handlungsmöglichkeiten
verändere, geht es hier darum, die äußeren Bedingungen meines
Daseins zu verändern. Ich gehe in Kontakt mit meiner Umwelt -
manchmal auch in Konfrontation - und setzte meinen Willen gegen
den einer anderen Person oder Institution. Es geht nicht mehr
allein darum, daß ich mir meiner Positionen bewußt bin und mich
authentisch verhalte; hier geht es um Einflußnahme, um Verhandlung
und aktive Mitgestaltung gesellschaftlicher Bedingungen. Der Übergang
von 'Innen' (Bewußtsein) nach 'Außen' (Aktion), von der Selbstveränderung
zur Politik vollzieht sich an dieser Linie.
Gelungene Therapie ist, wenn sie aufdeckend arbeitet, immer befreiend.
Sie befreit zur Aktion, zur eigenverantwortlichen Gestaltung der
Lebenswelt und zur offenen Auseinandersetzung mit Partnerlnnen
oder politischen Gegnerlnnen. Denn handelndes Subjekt zu werden,
heißt auch, sich seiner eigenen Macht bewußt zu werden und Willen
in die Tat umzusetzen. Gerhard Portele setzt sich in seinem Buch
"Autonomie, Macht, Liebe" mit einer provozierenden These der chilenischen
Neurophilosophen Maturana und Varela auseinander: "Unterwerfung
ist die Ursache der Macht". Normalerweise sehen wir die Kausalität
gerne andersherum: Macht sei die Ursache der Unterwerfung. Wir
sehen uns als Opfer und nicht als Täterln. Abgesehen davon, daß
wir damit vom moralischen Standpunkt aus gesehen vielleicht besser
dastehen, ist die letztere Ansicht recht trostlos: mit uns wird
gemacht, wir sind Objekt des Geschehens und von der Einsicht oder
Gnade der Herrschenden abhängig. Anders bei der ersten Sichtweise:
hier teilen wir zwar die Last der Verantwortung für die Situation,
aber damit auch die Möglichkeit der aktiven Veränderung. Wir verstehen
uns als autonom handelnde Subjekte, die die Bedingungen unseres
Daseins mitgestalten. In der Gestaltarbeit ist daher ein wichtiger
Schritt die Erkenntnis, daß der Zwang, dem wir uns unterworfen
fühlen, und die Ausweglosigkeit der Situation, in die wir uns
gestellt sehen, aufgebrochen werden können. Diese unangenehme
Wahrheit zu sehen, sie nicht länger zu verdrängen, sondern zuzulassen,
ist der erste Schritt zur Veränderung. Indem wir umgehen "mit
dem was ist", indem wir eigenverantwortlich handelnde Subjekte
bleiben oder werden, verändern wir die Dynamik der Situation und
damit die Grundlagen für die Veränderung der gesellschaftlichen
Bedingungen. Herrschaft und Unterwerfung sind die beiden Seiten
einer komplementären Beziehung, denn: ohne Unterwerfung keine
Herrschaft (9).
Hier
drängt sich selbstverständlich die Frage auf, warum sollten sich
Menschen gegen Befreiung und für Unterwerfung entscheiden? Warum
sollten sie Wachstum und Weiterentwicklung vermeiden wollen? Abgesehen
von struktureller Gewalt und gezielter Manipulation hat der Widerstand
gegen Veränderung - auch in positive Richtung - verschiedene psychologische
Gründe. Ein wichtiger Faktor ist Angst: Angst vor dem Neuen und
vor Veränderung, Angst, das nicht zu bekommen, was wir uns wünschen,
oder die Angst, das zu verlieren, was wir behalten wollen. Die
Bindung an das Alte, an das Gewohnte ist stark; die Angst vor
der Unsicherheit - nicht zu wissen, was sein wird, wenn ich das
Alte loslasse - wiegt oft so schwer, daß Menschen Veränderungen
selbst dann nicht wagen, wenn sie sich "objektiv" gesehen fast
nur verbessern könnten. So werden auch Phänomene verständlicher,
warum z.B. unterdrückte Menschen sich oft so schwer tun, aus der
Situation auszubrechen und woanders einen Neuanfang zu wagen.
Ein weiterer Grund, die Dinge beim Alten zu lassen, ist unsere
Bequemlichkeit oder, neutraler ausgedrückt, der Energieaufwand,
der benötigt wird, "um sich zu bewegen". Es ist eine Freude, Kindern,
denen unser pervertiertes ökonomisches Denken ("Lohnt sich der
Aufwand?") noch fremd ist, bei ihrem absichtslosen Tun oder beim
Experimentieren zuzuschauen. Für sie ist die Bewegung, d.h. die
Veränderung ihres Standpunktes, noch Selbstzweck, sie tun es oft
aus Freude an der Bewegung selbst. Und drittens hindert uns auch
noch der Schmerz, der untrennbar mit Wachstum verbunden ist. Wachstumsprozesse
gehen immer einher mit der Zerstörung unseres alten Selbst- und
Weltbildes und wir tendieren oft dazu, die damit verbundenen Konflikte
zu lösen, indem wir durch Schmerzmittel, Drogen, Konsum - oder
auch oberflächliche Therapie - ihre Symptome beseitigen. Bereitschaft
zur Veränderung schließt auch die Bereitschaft zur Annahme von
Leiden ein. Dies soll kein Plädoyer für eine Leidensideologie
sein, aber der Schmerz, die Trennung vom Alten und Gewohnten,
ist eine Phase, die wir durchleben müssen, um für das Neue offen
zu werden.
Forderungen
an Gestaltarbeit und politisches Handeln
Grundsätzlich
halte ich es für erforderlich, daß alle in Pädagogik, Therapie
und Beratung Tätigen sich kritisch mit ihrer Macht - und noch
mehr mit dem potentiellen Machtmißbrauch - auseinandersetzen und
eine besondere Sensibilität bezüglich der Entstehung von Hierarchien
und Herrschaftsstrukturen in ihrer Arbeit entwickeln. Für die
praktische Gestaltarbeit halte ich es für wichtig, den Systemansatz
konsequent weiterzudenken. Menschen werden als Leib-Seele-Geist-System
wahrgenommen und nicht als SymptomträgerInnen isoliert und "repariert",
sondern - wie in der Gestalt-Familientherapie - als Teil eines
sozialen Systems gesehen. Diese Sicht ist auch auf den makropolitischen
Raum auszudehnen, was die Beteiligung an der Entwicklung von Konzepten
kreativer Gesellschaftsveränderung zur Folge haben wird. Wir dürfen
nicht der Gefahr erliegen, gesellschaftliche Probleme und Konflikte
zu psychologisieren und individualisieren, nur weil wir auf dieser
Ebene leichter damit umgehen können. Eng damit verbunden ist die
Forderung, daß sich GestalttherapeutInnen nicht nur auf individuelle
therapeutische Prozesse konzentrieren, sondern sich auch politisch
engagieren, um die gesellschaftlichen Bedingungen für Emanzipationsprozesse
zu verändern, d.h. zum Beispiel Hierarchien und Herrschaftsverhältnisse
angreifen. Goodman übersetzt die anarchistische Maxime der Freiwilligkeit
in seine aristotelische Handlungstheorie: "Pflicht sei es, die
eigene Befriedigung als Möglichkeit sicherzustellen"(11). Er fordert
damit auf zur aktiven Gestaltung der gesellschaftlichen Bedingungen,
zur Beseitigung der Ursachen individueller Unzufriedenheit und
sozialer Mißstände.
Eine
Umfrage unter GestalttherapeutInnen aus dem Jahr 1984 hat ergeben,
daß dieser Bereich der "politischen Intervention zur Vertretung
und Sicherung von Ansprüchen im gesellschaftlichen Kontext" noch
relativ unterrepräsentiert ist, jedoch erfreulicherweise eine
steigende Tendenz aufweist (12). Eine andere Untersuchung ergab,
daß zwar ein hoher Anteil der Befragten die Bedeutung und Wirksamkeit
des soziokulturellen Kontextes wahrnimmt, aber nur etwa die Hälfte
dieses Bewußtsein auch in konkretes politisches Handeln umsetzt
(13). Einer der erfolgversprechendsten Ansätze dafür liegt m.E.
im Aufbau von Selbsthilfegruppen, da in ihnen am ehesten Veränderungen
im herrschaftsfreien Raum möglich sind.
Auch in Bezug auf unsere politische Arbeit halte
ich mehrere Punkte für beachtenswert: wir sollten uns parallel
zu unserem sozialen Engagement bewußt mehr Raum und Zeit für die
individuelle Veränderung und Persönlichkeitsentwicklung nehmen,
ist doch unsere Person das wichtigste Instrument unseres Wirkens,
sowohl im Privatleben wie auch in der Politik. Unsere anerzogene
Gehemmtheit gegenüber aggressiven Impulsen und Aggressionen und
unsere Tendenz zur Konfliktvermeidung nimmt uns viel von unserem
kreativen Potential und der Energie, die wir für unser gesellschaftliches
Engagement so nötig brauchen. Wenn wir beginnen, diese Potentiale
freizusetzen, werden wir nicht nur lebendiger und glücklicher
werden, sondern auch unsere politische Effektivität steigern können.
Und letztendlich sollten wir in unseren politischen Gruppen sehr
sensibel mit der Formulierung unserer Werte, Normen und 'Wahrheiten'
umgehen, da diese zwar eine Orientierung bieten können und sollen,
aber wir müssen gewahr sein, daß die Installierung neuer Ansprüche
und moralischer Instanzen die Gefahr birgt, daß Menschen wieder
unter großen Druck geraten und in neue Konformität gedrängt werden.
"Die Revolution muß die festgefahrene Ordnung aufbrechen und nicht
mit neuen Regeln die Errungenschaften der Befreiung zerstören"(14).
Es ist nicht selten zu beobachten, wie auch in sog. Alternativkulturen
neue Sachzwänge aufgebaut werden, die sich der Freiheit und Selbstbestimmung
der beteiligten Menschen in den Weg stellen.
Paul
Goodman richtete seine Theorie und Praxis auf den Aufbau kleiner
Gemeinschaften und den Abbau von Staatlichkeit und bürokratischen
Makrosystemen. Er vertrat jedoch auch die Ansicht, daß gesellschaftliche
Veränderung nicht nur auf der Makroebene vollzogen werden könne,
sondern gleichzeitig individuelle Veränderung erfordere. Individuum
und Gesellschaft stehen in einer dialektischen Wechselbeziehung.
Um Entfremdung und Herrschaft zu beseitigen, müssen sich sowohl
die entfremdeten Menschen verändern und auch die entfremdete,
hierarchische Gesellschaft. Nur dem entfremdeten Individuum bei
Befreiungsprozessen beizustehen ist sinnlos, weil die Gesellschaft
es wieder unfrei machen wird. Nur die entfremdete Gesellschaft
zu verändern ist sinnlos, weil entfremdete Menschen neue Entfremdungs-und
Herrschaftsstrukturen errichten werden. Für mich sind daher die
Ansätze der Gestaltarbeit und der libertär-gewaltfreien sozialen
Bewegungen eine sinnvolle und notwendige Ergänzung. Beide gehen
von der grundsätzlichen Fähigkeit der Menschen zu Autonomie, Selbstorganisation
und freier Vereinbarung aus; beide lehnen Zwang, Hierarchie und
Herrschaftsverhältnisse ab, und sie verfolgen beide auf unterschiedlichen
Wegen das gleiche Ziel: den Aufbau einer sozial gerechten Gesellschaft
freier Menschen.
Abschließen
möchte ich mit einem Zitat von Heik Portele, einst Vorsitzender
der Deutschen Vereinigung für Gestalttherapie (DVG):
"Entweder
wir sind als Gestalttherapeuten Anarchisten oder wir sind keine
Gestalttherapeuten". (15)
Anmerkungen:
(1)
Einen guten Einstieg in die Gestalttherapie - auch bezüglich anarchistischer
und anderer philosophischer Hintergründe - bietet
der Artikel von H. Pelzold "Die Gestalttherapie von Fritz Perls,
Lore Perls und Paul Goodman, in Integrative Therapie 1-2/84.
(2)
Vgl. Rahm, D., Gestaltberatung, 1990, S. 163ff
(3)
Thesen über Staatlichkeit und Anarchie heute, GWR 125, Juni '88
(4)
Vgl. Heiner Köchlin, Philosophie des freien Geistes, S. 95f
(5)
Prangel, A.: Gestaltpädagogik - Therapie, Politik und Selbsterkenntnis
in der Schule, S. 171
(6)
Schreyögg, A.: Supervision. Ein integratives Modell, 1991, S.
291
(7)
Blankertz, St: Gestaltkritik. Paul Goodmans Sozialpathologie in
Therapie und Schule, 1990, S. 23
(8)
Thesen über Staatlichkeit und Anarchie heute, GWR 125, Juni '88,
4. These.
(9)
Vgl. Portele, G.: Autonomie, Macht. Liebe. 1989, S. 193
(10)
Metzger, W.: Gestalttheorie im Exil, in: Die Psychologie des 20.
Jahrhunderts, 1976, S. 665
(11)
Blankertz, St.: Paul Goodmans Ethik und ihre Bedeutung für die
Gestalttherapie, In: Integrative Therapie 2-3/88, S. 180.
(12)
Heerkerens, H.P.: Aspekte der Berufstätigkeit von Gestalttherapeuten,
in: Integrative Therapie 1-2/84, S. 167.
(13)
Vgl. Buhl, E.: Wie "politisch" sind Gestalttherapeuten? Eine Untersuchung
zu "sozialer Kompetenz" und "sozialem Engagement", in: Integrative
Therapie 4/84, S.399.
(14)
Goodman, P.: Natur heilt, 1989, S. 293.
(15)
Portele, H.: Gestalttherapie und Selbstorganisation, in: Gestalttherapie
1/1989, S. 6.
Buchempfehlung zum Thema:
Macht
und Psychotherapie. Ein Dialog
Gerhard
Heik Portele, Kirsten Roessler
"Macht
ist eine Metapher!"
"Macht
liegt in den Strukturen!"
"Es
gibt eine machtfreie Therapie!"
"Nein,
Therapie gehört zum Machtdiskurs!"
Die
beiden Verfasser sind sich nicht einig. Kirsten Roessler vertritt
in Anlehnung an Foucault die These, daß Macht strukturell und
auch im therapeutischen Diskurs vorhanden ist. Macht wirke als
Normierungs- und Normalisierungsdispositiv produktiv und subjekterzeugend.
Gerhard (Heik) Portele vertritt die These, daß die Gestalttherapie
als eine Selbstorganisationstheorie und damit Autonomietheorie
mit einem anarchistischen Anspruch auftritt, der diese strukturelle
Macht und Herrschaft und vor allem die Herrschaft über sich selbst
("Selbstbeherrschung") aufheben will. Er geht von Batesons
Hinweis aus, daß Macht eine "Metapher" sei, und von der These
Maturanas, daß Gehorsam Macht gewährt.
Heik
Portele und Kirsten Roessler entwickeln zunächst ihre unterschiedlichen
Sichtweisen der Macht und der Psychotherapie und treten im zweiten
Teil des Buches in Form eines Briefwechsels in Dialog miteinander.
(Info
des Umschlagtextes; v. Rolf Merten)
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